Stechpalme

Heute soll es um den Baum des Jahres 2021 gehen: die Hülse. Wenn du jetzt murmelst: „Hülse? Noch nie gehört.“ bist du in bester Gesellschaft. Auch ich wusste nichts von dieser älteren Bezeichnung für die Stechpalme, nur von den Gattungsnamen Ilex habe ich oft gehört…
Die Stechpalme wurde vor der Christianisierung Hülse (Hülsdorn, Stechhülse, Hulst) genannt und findet sich so noch in vielen alten Ortsnamen (z.B. in Droste-Hülshoff) und in einigen Wappen wieder. Hülse leitet sich vom indogermanischen Stammwort hul- ab; daraus wurde im Deutschen die (Stech-)Hülse, im Niederländischen hulst, im Englisch holly.
Dass die Hülse zur Stechpalme wurde, kam so: Die immergrüne Pflanze mit ihren auffallenden roten Beeren war auch schon bei unseren heidnischen Vorfahren etwas besonderes. Und als während und nach der Christianisierung am Palmsonntag dem Einzugs Jesus in Jerusalem gedacht wurde, nahm sie mangels echter Palmenzweige hierzulande als „Stechpalme“ Einzug in die christliche Symbolwelt. Da zu Ostern noch nicht viel Grün zum Schücken vorhanden war, nahm man Zweige von immergrünen oder zu dieser Jahreszeit bereits ergrünten Pflanzen, wie Weide, Buchsbaum oder eben Stechpalme.
Der Ilex hat sogar noch mehr Bezeichnungen, er wird auch Winterbeere, Christdorn oder (in Österreich) Stechlaub, Schralab, Schradl, Schradler oder Schradlbam genannt. In der Eifel und im Hunsrück gibt es die Bezeichnung als Walddistel, was ich ganz besonders hübsch finde.

Frage:
Wo steht eine Stechhülse in deiner Nähe?

Biologisches:
Die Ilex-Arten sind sommer- oder immergrüne Bäume und Sträucher, die Wuchshöhen von 2 bis 25 Metern erreichen. Die Ilex-Arten enthalten kein Harz. Sie sind zweihäusig getrenntgeschlechtig, das heißt die weiblichen Pflanzen tragen Beeren, die männlichen nicht. Ihre Laubblätter sind meist gestielt und oft ledrig. Die Blattränder können je nach Art glatt, gesägt oder dornig sein. Letzteres ist bei der heimischen Art der Fall und gibt ihr ihren Namen.
In Mitteleuropa ist nur eine Ilex-Art heimisch, die Europäische Stechpalme (Ilex aquifolium); sie ist in Westeuropa und im Mittelmeerraum verbreitet. In Deutschland steht sie unter besonderem Schutz.
Einige Arten und Sorten sind Zierpflanzen für Parks und Gärten. Besonders kleinblättrige Arten ersetzen in barocken Gartenanlagen den vom Buchsbaumzünsler masakrierten Buchsbaum.
Die immergrüne und sehr wehrhafte Stechpalme ist im Winter ein beliebter Schlafplatz für kleinere Vögel und der Zitronenfalter überwintert gerne in ihr.
Die Samen in den Beeren werden von Amseln und Drosseln, Rotkehlchen und Mönchsgrasmücken verbreitet. Die Früchte werden erst weich und damit essbar, wenn sie mehrmals Frost bekommen haben.Die Beeren bleiben dann den ganzen Winter ohne zu verderben an der Pflanze und sind ein sehr wichtiges Winterfutter für die Vögel.
Für uns Menschen sind die Blätter und Beeren gering giftig und führen zu Übelkeit und Erbrechen.

Frage:
Wie gut kennst du die Stechpalme in deiner Nähe? Ist sie weiblich oder männlich? Wann blüht sie? Welche Form haben ihre Blätter? Wann sieht man den ersten Fruchtansatz und wann sind die Früchte reif?

Verwendung
Aus dem südamerikanischen Mate-Strauch, einer IlexArt wird der Mate-Tee hergestellt. Auch Blätter anderer Ilex-Arten dienen als Tee.
Im Elsass wird aus den Beeren der Obstbrand Baie de Houx hergestellt. Dabei werden die Beeren in Weinbrand eingelegt, bevor sie destilliert werden.
Die giftigen Früchte wurden früher als Medizin gegen Verstopfung und Epilepsie eingesetzt und die Blätter wurden gegen Magenschwäche, Malaria und in Südeuropa gegen Rheuma eingesetzt.
Das grünliche Holz, das besonders dicht und damit schwere und gut zu polieren ist, wurde früher zu Intarsien und zu Messerfurnieren verarbeitet. Auch Druckstöcke für Holzschnitte wurden auch Hülse geschnitten. Gerne nahm man die Stechpalme auch für Spazierstöcke. In der Feintischlerei war sie oft eine preiswertere Alternative zu Ebenholz, weil das Holz gut dunkle Lacke annimmt.
Stechpalmenkohle wurde früher verwendet, um Schwerter zu schmieden: Das Holz brennt so heiß, dass es eine gute Grundlage für Kohle ist. Einen Nachklang dieser Tradition findet man noch im Räuchern von magischen Messern mit Stechhülsenblättern.
Die gebündelten belaubten Zweige wurden an einem Seil befestigt und zum Reinigen von Schornsteinen verwendet werden. Der Stechpalmenbüschel arbeitet wie eine Stahlbürste. Ebenfalls aufgrund ihrer stacheligen Blätter wurde die Stechpalme gegen Ratten- und Mäuseplagen eingesetzt. Im Kanzleigebäude in Lübeck waren die Hohlräume in den Decken zur Abwehr mit „Hülsbusch“ ausgefüllt.

Frage:
Hast du schon einmal zu Mittwinter mit Stechpalme dekoriert? Hast du schon einmal Mate-Tee getrunken? Magst du ihn? Hast du etwas aus Ilexholz? Hast du schon einmal Baie de Houx probiert?

Mythologisches
Die immergrünen Bäume wurden schon von den Germanen und Kelten verehrt. Als Tinne ist die Stechpalme Teil des Ogham. Schon vor der Eroberung Britanniens durch die Römer war es Sitte, den Wohnraum mit beerentragenden Ilex-Ästen und Efeu zu schmücken. Plinius der Ältere berichtet von der Verwendung als Hausschmuck.
Im Christentum wird das sattgrüne Laub und die leuchtend roten Beeren, die den Baum im dunklen Winter schmücken, als die Farben der Hoffnung und der Liebe, als Leben und Blut gedeutet.
Besonders in Lagen mit hoher Luftfeuchtigkeit konnte die Stechpalme undurchdringliche Dickichte bilden, in denen Familien in Kriegs- und Räuberzeiten ihr Leben mitsamt Hab und Gut retten konnten. Deshalb wird diese Pflanze auch als Symbol für den Schutz vor allem Bösen angesehen.
Da die Blätter am unteren Stammende stärker bewehrt sind als am oberen Stammende, den das Wild nicht mehr erreicht, und dort fast glattrandige Blätter ausbildet, wird die Stechpalme auch als Symbol der weisen Voraussicht gewertet.
Auf allen sechs Millefleurs-Wandbehängen Die Dame mit dem Einhorn vom dem Ende des 15. Jahrhunderts befinden sich stilisierte Abbildungen einer Stechpalme. Die Kunstgeschichte deutet sie als Symbol der Druiden für Tapferkeit und als Zeichen einer der vier Kardinaltugenden nach Platon.
Auf die starke Vermehrung der Hülse durch Wurzelausläufer bezieht sich ihr Ruf als „Waldunholz“. Davon kündet auch der Spruch: „Ilse bilse, keiner willse, die böse Hülse!“
Sir James George Frazer berichtet in The Golden Bough: A Study in Comparative Religion ebenso wie Robert Ranke-Graves in Die Weisse Göttin: Sprache des Mythos vom Stechpalmenkönig. Dieser kämpft mit dem Eichenkönig zu dem Sonnenwenden um die Vorherrschaft, wodurch sich der Kreislauf des Jahres ergibt. Der Stechpalmenkönig ist die Personifikationen von Winter, der dunklen Hälfte des Jahres und der Brach- oder Ruhezeit.
Die Zweige mit den roten Früchten werden auf den britischen Inseln, in Frankreich, Nordamerika und davon ausgehend auch immer öfter in Deutschland als Weihnachtsdekoration verwendet.

Frage:
Hast du Ideen oder Impulse wie der Ilex deine spirituelle oder magische Arbeit bereichern können?

Übung:
Suche dir eine Stechpalme in der Nähe und nimm mit ihr Kontakt auf. Notiere dir, was du erfährst.

Frage:
Wie fühlst du dich unter, neben, in Kontakt zur Stechhülse?
Was für eine Art von Energie, Stimmung, Atmosphäre nimmst du bei ihr wahr?
Was kann sie dich lehren?
Bei was für einem Thema kann sie dich unterstützen und dir raten?

Übung:
Finde eine spezifischen Weg der Hülse danke zu sagen.

Über Nymphenkuss

Naturspiritualität im neuen Jahrtausend
Dieser Beitrag wurde unter Bäume, Spiritualität abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..